Imkerei und Bauernproteste

Nicht alles passt zusammen

Stellungnahme des DBIB

In den ersten Tagen der Bauernproteste, die sich mittlerweile über ganz Europa ausbreiten, hat sich der DBIB hinter die Landwirte gestellt und dazu aufgerufen, die Kollegen zu unterstützen. Es ging vor allem um Kürzungen bei Subventionen, wie die Streichung der Agrardiesel-Beihilfe. Denn auch uns Imker würde das zu plötzlich und hart treffen. Doch stehen jetzt neuere Forderungen der Bauern unseren imkerlichen Interessen entgegen, insbesondere die geplanten Einschränkungen beim Pestizideinsatz wieder aufzuheben.

Imker gehören zur Landwirtschaft, stehen aber mit ihren Interessen und speziellen Bedürfnissen für die Bienen meist für sich. Foto: Stephan Freier
Imker gehören zur Landwirtschaft, stehen aber mit ihren Interessen und speziellen Bedürfnissen für die Bienen meist für sich. Foto: Stephan Freier

Keine Pestizide in der Imkerei

Landwirte in Frankreich haben gefordert, das in der EU verbotene Neonicotinoid Thiacloprid weiter verwenden zu dürfen. Der neue Premierminister Gabriel Attal hat ihnen das auch zugesagt, obwohl es in Frankreich gleichzeitig verboten ist, mit Thiacloprid behandelte Ware einzuführen. Auch bei uns in Deutschland stieg der Druck der Bauern und die EU-Kommission hat angesichts der vehementen Proteste einen geplanten Gesetzesvorschlag gegen hohen Pestizideinsatz zurückgezogen. Aus Perspektive der Imker ist das jedoch eine unerwünschte Nebenwirkung der Bauernproteste.

Denn für die Bienenhaltung gilt ganz klar, dass wir so schnell wie möglich vom massiven Pestizideinsatz, insbesondere mit so gefährlichen Insektiziden wie den Neonicotinoiden, abrücken müssen. Für Bienen sind sie besonders schädlich, da es sich um systemisch wirkende Substanzen handelt: Sie verteilen sich über die ganze Pflanze und werden von den Bienen über Pollen und Nektar aufgenommen. Und noch mehr: Über 90 Prozent der ausgebrachten Substanzen bleiben im Boden und reichern sich dort an. Rückstände lassen sich noch Jahre nach der Anwendung nachweisen und führen zu einer chronischen Kontamination. Auch ohne erneute Spritzung werden sie von den Pflanzen über die Wurzeln über lange Zeit aufgenommen. Drei Mittel dieser Substanzgruppe wurden in der EU für den Freilandeinsatz schon vor Jahren verboten.

Multilevel-Problematik: Zeit, neu zu denken

Die Proteste machen aber eines nun deutlich: Die Probleme sind nicht neu, sie haben sich über Jahrzehnte auf verschiedenen Ebenen aufgebaut, sie hängen voneinander ab. Und deshalb sind sie auch nicht mit einer einfachen Lösung zu beheben. Es wird Zeit, die Rolle der heimischen landwirtschaftlichen Produktion in Politik und Gesellschaft wieder stärker ins Zentrum zu rücken. Subventionspolitik, Freihandelsabkommen, ökologische und gesundheitliche Aspekte des Anbaus – all das sollte von Grund auf reformiert werden. Denn: Unsere heimische Versorgung muss nicht nur erhalten, sondern sie muss weiter gestärkt und unterstützt werden, sodass wir Landwirte sinnvoll wirtschaften können. Kurze Produktionswege dienen dem Klima und regionale Versorgung der lokalen Wirtschaft. Wenn wir es schaffen, die ökologische Landwirtschaft weiter auszubauen, nutzt das der Natur, der Umwelt und der Gesundheit. Viele Studien zeigen: Öko-Landbau verbraucht mindestens ein Viertel weniger Energie, Bio-Äcker sind erheblich weniger mit Stickstoff, Nitrat, Düngemittel und Pestiziden belastet. All das fördert die Tier- und Pflanzenvielfalt – Studien zeigen, um mehr als 85%.

Wir Imker sind mit den Honigbienen ein wichtiger Teil von Natur und Landwirtschaft, der allzu oft unerwähnt bleibt. Gut die Hälfte aller Bienenvölker wird von nur rund drei Prozent aller Imker gestellt, nämlich den Haupt- und Nebenerwerbsimkern. Die Universität Hohenheim hat den Wert der Bestäubungsleistung für Deutschland mit 3,8 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. Weltweit rechnet man mit 150 Milliarden. Klar ist: Nur mit Imkern und Bienen liegen auch weiterhin ausreichend Äpfel, Kirschen, Kürbisse und Gurken im Supermarktregal.

Zum Weiterlesen:

DBIB/Janine Fritsch
23.2.2024/ Artikel zur kostenfreien Verwendung. Text und Bilder unterliegen dem Urheberschutz. Bei Verwendung bitte Quelle angeben: „Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund/Janine Fritsch“. Herausgeber: Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund e.V. (DBIB), presse(at)berufsimker.de
3800 Z.

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