Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund setzt sich seit Jahren für das Verbot von Neonicotinoiden ein und war an der Seite anderer Verbände sowie des Königreichs Schweden als Streithelfer im jetzt beendeten Verfahren beteiligt
Burglauer, 6. Mai 2021 | DBIB Pressemeldung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 6. Mai 2021 in letzter Instanz entschieden, dass die vom Chemiekonzern Bayer angefochtenen Verbote der bienenschädlichen Pestizid-Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid, aus der Gruppe der Neonicotinoide, aufrechterhalten bleiben. Dem Urteil ist ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen der Bayer CropScience AG und der EU-Kommission vorausgegangen, an dem der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund mit Unterstützung der Anwälte der Aurelia Stiftung als sogenannter Streithelfer beteiligt war.
Um den Schutz von Bienen und anderen Blütenbestäubern juristisch und fachlich qualifiziert zu unterstützen, und aufgrund der enormen Tragweite des Verfahrens für den Schutz der europäischen Biodiversität, hat sich der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund an der Seite des Pesticide Action Network Europe (PAN Europe), von Bee Life European Beekeeping Coordination (Bee Life), des britischen Buglife – The Invertebrate Conservation Trust, der französischen und österreichischen Erwerbsimkerverbände und dem Königreich Schweden als sogenannter Streithelfer in das Verfahren eingebracht und sich mit allen Kräften für einen Fortbestand des Verbotes von Neonicotinoiden eingesetzt.
Zur Vorgeschichte des Rechtsstreits
Nach dem katastrophalen Bienensterben am Oberrheingraben im Frühjahr 2008, und mehreren anderen Vorfällen, die alle mit einer unsachgemäßen Verwendung von Neonicotinoiden verbunden waren und zu Verlusten von tausenden Honigbienenvölkern führten, wurde auf Veranlassung der EU-Kommission 2011 das bestehende System der Bewertung des Risikos von Pflanzenschutzmitteln für Honigbienen überprüft.
2012 wurden im Magazin Science zwei Studien über die Auswirkungen von Stoffen aus der Familie der Neonicotinoide (Thiamethoxam und Imidacloprid) auf Bienen veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kamen, dass diese Wirkstoffe erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität und das Überleben von Honigbienen- und Hummelvölkern haben könnten.
Im Januar 2013 veröffentlichte dann die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) ihre Schlussfolgerung zur Bewertung der Risiken von Neonicotinoiden für Bienen, wobei sie Folgendes feststellte:
- ein hohes akutes Risiko für Honigbienen, die der Staubabdrift bei der Aussaat von mit Neonicotinoiden behandeltem Mais, Getreide, Raps, sowie Baumwolle ausgesetzt sind.
- ein hohes akutes Risiko für Bienen, die mit Rückst.nden von Neonicotinoiden im Nektar und Pollen in Kontakt kommen, wenn diese Pestizide an Raps, Baumwolle und Sonnenblumen verwendet wurden.
- ein hohes akutes Risiko durch Aufnahme von Pflanzensaft (sog. Guttationsflüssigkeit) nach der Verwendung von Neonicotinoiden an Mais.
Daraufhin hat die Europäische Kommission 2013 die Genehmigungen für diese Insektizide erheblich eingeschränkt und das Europäische Gericht (EuG) bestätigte 2018 diese Teilverbote für die Neonicotinoide Clothianidin (Bayer), Imidacloprid (Bayer) und Thiamethoxam (Syngenta). Zur Begründung sagten die Richter damals: Die Genehmigungen dürften eingeschränkt werden, weil ernsthafte Zweifel an der Unschädlichkeit der Pestizide aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide bestünden. Dieses Urteil in 2018 fand große öffentliche Beachtung. Die EUKommission und viele Mitgliedstaaten haben sich daraufhin für ein Komplettverbot von Neonicotinoiden im Freiland eingesetzt, das die EU 2018 auch beschlossen hat.
Der Chemiekonzern Bayer wollte diese Verbote nicht akzeptieren und hat Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingelegt. Im September 2020 hat die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in ihrem Schlussantrag das Anwendungsverbot des Europäischen Gerichts (EuG) für Bayer Neonicotinoide weitgehend bestätigt und eine grundlegende Verbesserung des Bienenschutzes empfohlen. Dass ihrem Schlussantrag mit der heutigen Entscheidung des EuGH stattgegeben wurde, wird von allen Streithelfern mit großer Erleichterung aufgenommen.
Zum Urteil des EuGH vom 6. Mai 2021
Dr. Achim Willand, als Anwalt der Kanzlei [GGSC] Vertreter u. a. des Deutschen Berufs und Erwerbs Imker Bund vor dem EuG und dem EuGH erläutert die heutige Entscheidung: „Das Verfahren hat gravierende Mängel der Risikoprüfung beim Bienen- und Insektenschutz aufgedeckt. Es dürfen nur Pestizidwirkstoffe eingesetzt werden, die nachweislich unschädlich sind. Die EU-Kommission darf auch in Verdachtsfällen handeln.“
Walter Haefeker, Ehrenpräsident der European Professional Beekeepers Association ergänzt: „Rechtssicherheit für die Hersteller bei der Zulassung von Pestiziden kann es auch nach diesem Urteil geben. Wenn die Wirkstoffe im Zulassungsverfahren sorgfältig und transparent geprüft werden, dann gibt es nach der Zulassung auch keine bösen Überraschungen.“
Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufs und Erwerbs Imker Bund fasst zusammen: „Seit Jahre fordert der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund einen verlässlich funktionierenden Bienenschutz, sowie Transparenz und Änderung des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel. Das heutige Urteil des EuGH bestätigt unsere Forderungen und die bisherigen Defizite der Risikoprüfung bei den Pestizidzulassungen. Jetzt muss endlich zum Schutz der Umwelt und aller Insekten Schluss sein mit den deutschen Notfallzulassungen.“
Hintergrundinformationen
Meilenstein für den Insektenschutz – Pressemitteilung der Aurelia Stiftung vom 6. Mai 2021