Frühtrachternte 2022: Geht wie Honig
Pünktlich zum Weltbienentag freuen sich die Berufsimker über eine gute Honigernte.
Burglauer, 20.05.2022. Ein Bienenstand im niedersächsischen Göttingen. Lena Frank und Thomas Heynemann Küenzi begutachten die sogenannte Frühtracht-Honigernte. Gut gelaunt und tiefenentspannt stehen die beiden Experten ohne Schutzkleidung inmitten an- und abfliegender Bienen, ein sonores Summen liegt in der Luft. „Wir kennen unsere Bienenvölker genau. An einem warmen Sonnentag wie heute sind sie gut drauf, dann geht es ohne Schutzkleidung,“ erklärt Lena Frank, Wissenschaftlerin am Hessischen Bieneninstitut in Kirchhain, die sich parallel in ihrem eigenen Unternehmen der Bienenzucht widmet. Mit geschultem Blick erkennt die junge Frau die reichliche Nektarbeladung der heransummenden Bienen, ein Indikator für einen quantitativ hohen Ernteertrag. Viel wichtiger ist jedoch die Qualität, die sich beispielsweise mit einem Refraktometer, mit dessen Hilfe auch der Winzer eine Probe im Weinberg nimmt, feststellen lässt. „Ganz wesentlich für eine gute Honigqualität ist ein niedriger Wassergehalt,“ sagt Thomas Heynemann Küenzi, Pressesprecher des Bundesverbands der Berufsimker, der auch anhand einer in der Imkerfachsprache „Spritzprobe“ genannten Prüfung am Bienenstock den Wassergehalt detektieren kann. Wer Honig mit zu hohem Wasseranteil schleudert, hat sozusagen mit Zitronen gehandelt, da dieser unbrauchbar wird.
Hier in Göttingen haben es die fleißigen Insekten nicht weit zu einem großen Rapsfeld, dessen mit Bienen bevölkerte und offenbar sehr schmackhafte Blüten sich zart im Wind wiegen. Was von den Bienen bevorzugt angeflogen wird, kommt als Endprodukt auch beim Menschen gut an: Rapshonig ist der Bestseller unter den zahlreichen Sorten, deren individuelle Vielfalt beispielsweise von intensiv gelbleuchtenden Löwenzahnblütenhonig über dunklen, kräftig-würzigen Weisstannenhonig bis zum mild schmeckenden, hellen Akazienhonig, der eigentlich von der Robinie stammt, reicht.
Beim Pro-Kopf-Verbrauch sind die Deutschen mit einem Kilogramm Honig im Jahr Weltmeister. Dabei stammen nur rund 20 Prozent des Honigbedarfs aus heimischer Ernte, eines der führenden Importländer ist die Ukraine. „Die deutschen Berufsimker können derzeit die zu erwartende Importlücke nicht füllen, zumal im vergangenen Winter überdurchschnittlich hohe Winterverluste an Honigbienenvölkern zu verzeichnen waren,“ so Thomas Heynemann Küenzi.
Wenn Professionalität auf Leidenschaft trifft: Wer der Doktorandin Lena Frank bei ihrer Arbeit zusieht, entwickelt schnell ein Verständnis für die Faszination des Imkerberufs. Doch hat die Branche trotzdem ein Nachwuchsproblem. „Da müssen mehr Honigbienen in die Köpfe junger Menschen,“ schmunzelt Thomas Heynemann Küenzi – und meint damit eine entsprechende Kampagne, die sein Verband derzeit plant. Die Bienen hätten es verdient.