Das Streichen beim Umweltschutz hilft Landwirten nicht
Am vergangenen Donnerstag hat eine Mehrheit im EU-Parlament für Einschnitte beim Naturschutz gestimmt und einige bewährte Umweltauflagen in der Landwirtschaft zurückgenommen. Ein herber Rückschlag für die Artenvielfalt und jahrelange Standards, die einen guten ökologischen Zustand von Böden und Flächen zum Ziel hatte.
von Janine Fritsch/DBIB
Die Zustimmung zum Kommissionsvorschlag zur Senkung der Umweltschutz-Grundanforderungen gab es letzte Woche am 24. April im Eilverfahren und noch schnell vor den Europawahlen am 9. Juni. Eine Rücknahme von Umweltanforderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hilft den Landwirten und uns Imkern aber nicht. Wir alle brauchen den Umweltschutz. Für gesunde Bienen und hochwertige Lebensmittel.
Am vergangenen 11. April hatte das Europäische Parlament zunächst dem beschleunigten Verfahren zur Rücknahme von Umweltanforderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zugestimmt und jetzt in der letzten Sitzungswoche auch den Kommissionsvorschlag zur Senkung der Umweltschutzgrundanforderungen abgesegnet. Die Vorgaben regeln u.a. den Umgang mit Brachflächen, Gewässer-Pufferstreifen und Fruchtfolgen, die gewährleisten, dass Böden durch landwirtschaftliche Nutzung nicht zu sehr geschädigt werden. Diese bisherigen guten landwirtschaftlichen Praktiken sind auch Klimaanpassungsmaßnahmen. Sie umfassen neun Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) von Flächen, die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beschlossen wurden. Als wesentliche Bestandteile des integrierten Pflanzenschutzes (IPM) sind sie in der EU schon seit 2014 verbindlich vorgeschrieben.
Die jetzt beschlossene Abschaffung bewährter Praktiken in der Fruchtfolge, Änderungen beim Raum für biologische Vielfalt und Brachflächen, zur minimalen Bodenbedeckung und viele mehr, erhöhen einerseits die Anfälligkeit gegenüber extremen Wetterereignissen und Schädlingen und andererseits die Abhängigkeit von Pestiziden.
Viele Umweltorganisationen, Bio-Verbände und auch wir vom Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund halten diese Entscheidung für falsch. Unsere europäische Partnerorganisation BeeLife hatte sich zusammen mit 52 weiteren Organisationen bereits Anfang April an die EU-Abgeordneten gewandt und sie mit ausführlicher Begründung um Ablehnung gebeten.
Dass dem jetzt doch zugestimmt wurde, übergeht uns als Bürger, die Erkenntnisse von Wissenschaftlern und die Bedürfnisse der Landwirte. Die Grünen-Politikerin und selbst Mitglied des Europäischen Parlaments Jutta Paulus spricht von einem „Skandal“ und einem „herben Rückschlag für die Artenvielfalt und die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“. Sie kritisierte: „Nicht die Bauern profitieren hiervon, sondern die Düngemittel- und Pestizidindustrie.“ Die Abstimmung sei ein „Schlag ins Gesicht der Wissenschaft“. Und sie fand noch deutlichere Worte: Die Kommission scheine den Interessen von Pestizid- und Düngemittelproduzenten zu folgen, während Familienbetriebe und der ländliche Raum im Stich gelassen werden. Die Kommission ignoriere damit den wissenschaftlichen Konsens, dass der Zusammenbruch der biologischen Vielfalt und die Klimaveränderung auch eine massive Bedrohung für die Landwirtschaft ist. Ihre Probleme liegen nicht in zu viel Umweltschutz, sondern in unfairen Marktbedingungen. Dazu zählen Preisdiktate des Lebensmittelhandels oder Überschwemmung des Markts mit billiger, nicht nachhaltig produzierter Importware gestützt durch Freihandelsabkommen, wie Mercosur.
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DBIB/Janine Fritsch
29.04.2024/Der Artikel darf kostenfrei verwendet werden. Text und Bilder unterliegen dem Urheberschutz.
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