Wild- und Honigbienen: „Konkurrenz macht Früchte“

Solitärbienentag Celler-Imkermesse

Ein Highlight der diesjährigen Celler Imkertage am letzten Januarwochenende war der Solitärbienentag mit Expertenvorträgen und Diskussion. Nach dem Symposium war klar, Honigbienen und Wildbienen gehören untrennbar zusammen. Imker und ihre Bienenstöcke aus Heideflächen und Naturschutzgebieten zu verbannen, geht am Problem vorbei.

Gemeinsam wird es besser: Wenn Honig- und Wildbienen zusammen bestäuben, wird die Bestäubung effektiver und der Fruchtertrag erhöht sich. Foto: Janine Fritsch
Gemeinsam wird es besser: Wenn Honig- und Wildbienen zusammen bestäuben, wird die Bestäubung effektiver und der Fruchtertrag erhöht sich. Foto: Janine Fritsch

Hintergrund der immer wieder aufkochenden Diskussion ist die Annahme, Honigbienen würden Wildbienen bedrohen oder verdrängen. Deshalb hat der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund neben namhaften Fachexperten, auch Vertreter von Presse und Behörden eingeladen, sich zu informieren und Fehlinformationen auszuräumen. Die Behauptung einer solchen Konkurrenz ist nicht neu. Schon seit den 1980er Jahren gibt es immer wieder Forderungen, Imkern das Aufstellen von Bienenvölkern in Naturschutzgebieten zu verbieten. Aktuell ist es z.B. die Wanderimkerei in der Fischbeker Heide südlich von Hamburg und in Süddeutschland sorgte ein Erlass für die Saalbachwiesen erst Anfang Januar für Aufruhr. Dort untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe, die Imkerei in dem Naturschutzgebiet weiter auszudehnen.

Insektenexperten beim Solitärbienentag in Celle: Dr. Melanie von Orlow (NABU), Klaus Ahrens Berufsimker und DBIB-Vorstand, DBIB-Wespenbeauftragter Thomas Beissel, Dr. Otto Boecking vom Bieneninstitut Celle (v.l.n.r.). Foto: Janine Fritsch
Insektenexperten beim Solitärbienentag in Celle: Dr. Melanie von Orlow (NABU), Klaus Ahrens Berufsimker und DBIB-Vorstand, DBIB-Wespenbeauftragter Thomas Beissel, Dr. Otto Boecking vom Bieneninstitut Celle (v.l.n.r.). Foto: Janine Fritsch

Nahrungsraum aufgeteilt:
Bienen haben Vorlieben

Dr. Otto Boecking vom Celler Bieneninstitut sieht – entgegen solcher behördlichen Anordnungen – keine Konkurrenz zwischen den Bienen. Zwar empfiehlt er, dort wo besonders gefährdete Wildbienenarten leben, keine Honigbienenvölker aufzustellen. Klar ist aber: Die Ursache für den Rückgang von Wildbienen liegt nicht an der Honigbiene, sondern am Verlust von Lebensräumen, von Biodiversität und damit von Nahrungs- und Nistplätzen. „In Niedersachsen nehmen Heideflächen immer mehr ab, unter anderem, weil sie von Gräsern überwuchert werden. Das ist zum Nachteil aller Bienen.“ betonte Boecking. Und: Die Diskussion werde seiner Ansicht nach „zu emotional geführt“. Argumente wie Honigbienen lieferten als Nutztiere keine Ökosystemleistung, sei „völlig unwissenschaftlich“. Auch pauschale Aussagen, dass Wildbienen effektiver bestäuben, sind nicht haltbar. Es kommt genau darauf an, welche Pflanze durch welche Biene besucht wird. Denn Bienen und Blüten haben sich miteinander in der Evolution entwickelt und aufeinander abgestimmt. In Massentrachten wie Obstbaumbeständen oder Raps haben Honigbienen die Nase vorn, während Wildbienen oft auf bestimmte Pflanzengattungen spezialisiert sind.

„Wir können froh sein“:
Wild- und Honigbienen ergänzen sich

Auch NABU-Sprecherin Dr. Melanie von Orlow sieht Honigbienen und Wildbienen als untrennbare Gemeinschaft. Sie begann ihren Vortrag mit einem sehr persönlichen Satz: „Diese ganze Diskussion ist für mich sehr schmerzlich, ich wünsche mir, dass beide auf der Blüte Platz finden.“ In ihrem Vortrag zeigte sie anhand von Untersuchungsdaten sehr anschaulich, dass gerade mit der gemeinsamen Bestäubung von Wild- und Honigbienen der Fruchtansatz und der Fruchtertrag – also der Erfolg der Bestäubung – signifikant höher ist als beim Blütenbesuch von wenigen einzelnen Bienenarten. „Wir können froh sein, dass wir Diversität bei Bestäubern haben. Denn diese Vielfalt fördert Bestäubung und Fruchtertrag.“ fasst die Biologin zusammen.

Dass sich Wild- und Honigbienen ergänzen und in Zusammenarbeit eine noch bessere Bestäubung liefern, erläuterte auch Florian Lauer in seinem Vortrag. Er ist WWF-Projektmanager im Insektenschutzprojekt BROMMI. Für ihn war aber noch ein anderer Aspekt wichtig: Was kann jeder selbst in seinem Garten für Wildbienen tun? Denn „dreiviertel aller Wildbienenarten nisten im Boden“ klärte Lauer auf. Nur 20 Prozent nutzen Nisthilfen. Offene, sandige Bodenflächen im Garten vorzuhalten, ist einfach und effektiv. Wer dann noch einheimische Pflanzen wie Natternkopf, Glockenblume oder Flockenblume aussät, tut viel, um Wildbienen das Leben zu erleichtern.

Der Niedersächsische Weg

Der Solitärbienentag stand unter der Schirmherrschaft von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer und war bis auf den letzten Platz besetzt. Umweltstaatssekretärin Anka Dobslaw eröffnete den Tag mit Grußworten und erinnerte daran, dass das Land Niedersachsen nach dem Volksbegehren „Artenvielfalt.Jetzt!“ im November 2020 den „Niedersächsischen Weg“ als „einmalige und erfolgreiche Allianz für Natur-, Arten- und Gewässerschutz“ ins Leben gerufen hat. Zusätzlich bereitgestellte Gelder flossen in Naturschutzmaßnahmen, wie die Anlage von Blühstreifen, Biotopverbunden, der Förderung von Kleinstrukturen und Reduktion von Düngereinsatz in der Landwirtschaft.

Umweltstaatsekretärin Anka Dobslaw warb für den“ Niedersächsischen Weg“, der Landwirtschaft und Umweltschutz zusammenbringt: „Wenn die Bestäuber zurückgehen, gefährdet das die wirtschaftliche Grundlage unserer Landwirte.“ (DBIB-Wespenbeauftragter Thomas Beissel, Anka Dobslaw, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, v.l.n.r.). Foto: Janine Fritsch
Umweltstaatsekretärin Anka Dobslaw warb für den“ Niedersächsischen Weg“, der Landwirtschaft und Umweltschutz zusammenbringt: „Wenn die Bestäuber zurückgehen, gefährdet das die wirtschaftliche Grundlage unserer Landwirte.“
(DBIB-Wespenbeauftragter Thomas Beissel, Anka Dobslaw, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, v.l.n.r.). Foto: Janine Fritsch

Konkurrenz macht Früchte

Insgesamt sollten wir mit dem Begriff „Konkurrenz“ im Natur- und Artenschutz also sehr viel vorsichtiger umgehen. Der Solitärbienentag hat gezeigt, dass pauschale Aussagen mehr zur Unklarheit und zur emotionalen Aufheizung beitragen, als zur Aufklärung und kühler, abwägender Diskussion. Wissenschaft ist komplex und Vorgänge in der Natur müssen vielschichtig betrachtet werden. Imkerin und NABU-Mitglied Melanie von Orlow brachte es auf den Punkt: „Konkurrenz ist per se nichts Schlechtes, weil sie Ausweichverhalten und dadurch die Effektivität der Bestäubung sogar fördert.“

Ausgebucht: Die Expertenvorträge am Wildbienentag zogen neben Imkern auch viele Medienvertreter an. Foto: Janine Fritsch
Ausgebucht: Die Expertenvorträge am Wildbienentag zogen neben Imkern auch viele Medienvertreter an. Foto: Janine Fritsch

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