Techniker wird Tierwirt

Von Beruf Berufsimker

Erschöpft aber glücklich: Anfang Juli gab es die Urkunden für zehn neue staatlich geprüfte Berufsimker. Stephan Freier aus Schwaben beschreibt, warum er den faszinierenden, aber harten Quereinsteiger-Weg durch Ausbildung und Prüfung gegangen ist

Von Dipl.-Biol. Janine Fritsch

LWG- Abschlussklasse 2023 Ausbildung Tierwirt Fachrichtung Imkerei
Von Bayern bis Nordrhein-Westfalen kamen die Absolventen nach Veitshöchheim zur Urkundenverleihung am 8. Juli: v.l.n.r. Stephan Freier (BW), Stefan Schellenberg (HE), Christina Konrad (BY), Stefanie Dinger (NW), Yvonne Leinfelder (BY), Casper Mols (NI), Sven Teichmann (HE), Max Six (BY), Daniel Reger (HE), Uwe Krieger (BW). Foto: LWG

„Wenn ich vorher gewusst hätte, was da auf mich auf mich zukommt…“ der gut gelaunte 50-Jährige macht eine kurze Denkpause, „…dann hätte ich es trotzdem gemacht.“ Stephan Freier ist Imker mit 130 Völkern „im tiefen Schwabenländle“, wie er selbst sagt. Dorthin hat es ihn vor über 30 Jahren beruflich verschlagen. Da war er noch in der IT. Der gebürtige Oberfranke ist eigentlich gelernter Werkzeugmacher, hat dann lange als EDV-Techniker große Rechenzentren mitaufgebaut und betreut und schließlich auch als Investment-Berater gearbeitet. Immer wieder hat er sich mit Fort-, Aus- und Weiterbildungen weiterentwickelt, ging neugierig und offen an die Dinge ran.

Dann kam der Einbruch. Diagnose Workaholic! „Als meine Tochter dann auch noch schwer erkrankte, wurde alles zu viel. Ich musste umdenken. Etwas tun, was mich erdet.“ Wie so oft lagen auch bei Stephan Freier entscheidende Schritte in der Kindheit. „Ich habe mit 13 Jahren das Imkern beim Opa und Vater gelernt.“ Mit recht giftigen Bienen der dortigen Landrasse und in Hinterbehandlungsbeuten im Bienenhaus. „Mein Wissen aus den 1980ern war nicht mehr ganz zeitgemäß.“ Und die Probleme mit der Varroamilbe hatten man damals auch noch nicht.

Freizeit oder Beruf: „Das ist etwas völlig anderes“

„Wenn Sie den Schritt gehen wollen, vom Hobby- zum Berufsimker, dann kommen Sie um die Ausbildung nicht herum.“ 2011 hat Freier wieder klein angefangen, erst mit 2 Völkern, dann 25 im zweiten Jahr und im dritten schon 60. 2015 kaufte er eine Imkerei mit über 100 Völkern auf. Der erste Schritt in die imkerliche Selbständigkeit war getan. „Wenn man das hauptberuflich machen will, muss man ganz anders denken und jeden Arbeitsschritt optimieren.“ Der Freizeitimker müsste eigentlich auf jedes Glas noch 20 Euro draufschlagen, damit sich seine Arbeit rechnet. Aber da ist es eben ein Hobby. „Das geht in beruflichen Dimensionen nicht mehr. Entweder investiert man in Manpower mit zusätzlichen Mitarbeitern oder in große Geräte“, erklärt Freier. „Man braucht Entdeckelungsmaschinen, große Schleudern und Fahrzeuge.“

Imker Stephan Freier mit dem Radlader in der Kirsche.
Der Berufsimker denkt in größeren Dimensionen. Er ist Landwirt mit allem was dazu gehört: Stephan Freier mit dem Radlader in der Kirsche. Foto: Stephan Freier

Die Ausbildung öffnet Türen

Und warum dann Jahre später doch noch die Ausbildung? „Der Tierwirt erleichtert mir viele bürokratische Hürden, z. B. wenn ich sonntags mit meinem 8-Tonner voller Bienen auf der Autobahn über Bundesländergrenzen fahre. Mit dem Zertifikat gibt’s dann keine Diskussionen mehr.“

Aber auch inhaltlich hat es die Ausbildung in sich. „Ich habe nochmal wahnsinnig viel Wissen draufgepackt. Ich weiß jetzt, das ich einfach viel nicht wusste. Die vermittelte Theorie geht sehr in die Tiefe und die Referenten sind extrem erfahrene Professoren und Wissenschaftler.“

Wer in Veitshöchheim an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau den „Quereinstieg“ wagt, der absolviert einen dreiwöchigen Vollzeit-Vorbereitungskurs auf die Prüfung zum „Tierwirt Fachrichtung Imkerei“, so die offizielle Bezeichnung. Allerdings sind die Inhalte dieselben, die in der 3-jährigen Ausbildung zum Imkergesellen gelehrt werden. Wer dieses kompakte Format bestehen will, der braucht eine solide Vorerfahrung. Die Zulassungshürden sind daher hoch: mehr als 4,5 Jahre Berufspraxis mit mindestens 60 bzw. 80 Völkern und praktische Erfahrung in der Produktion von Honig und Jungvölkern, Königinnenzucht und Wachsverarbeitung. Im Prinzip muss man also bereits als Berufsimker gearbeitet haben. Ein Quereinstieg ist das damit eigentlich nicht, eher das organisatorische I-Tüpfelchen und Wissens-Booster. Denn neben Anatomie der Biene, Pflanzenkunde oder Honig-Sensorik bekommt man auch notwendiges Rüstzeug vermittelt, das für eine betriebswirtschaftliche Kalkulation und Arbeitsorganisation eines modernen Betriebs unabdingbar ist.

„Der Kurs war hart, das will ich gar nicht kleinreden. Aber der Zusammenhalt vor der Prüfung war großartig. Wir haben gemeinsam gelernt und uns gegenseitig geholfen. Und die Referenten waren auch bis spät in die Nacht immer für uns da.“ schwärmt der erfahrene Imker über den Teamgeist der Klasse.

„Honig kann jeder! Aber um Premiumqualität in vielen Nuancen herzustellen, und den Betrieb so zu führen, dass man langfristig davon leben kann, dafür braucht es schon deutlich mehr.“ Stefan Freier ist Berufsimker aus Überzeugung und Leidenschaft

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20.7.2023/ 4800 Zeichen

Disclaimer: Der Artikel darf ungekürzt und kostenfrei unter Nennung von Quelle und Autor verwendet werden. Text und Bilder unterliegen dem Urheberschutz. Bei Verwendung bitte angeben: Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund/Janine Fritsch

Im Auftrag/Herausgeber: Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V. (DBIB), presse(at)berufsimker.de
Autor: Janine Fritsch, info(at)redaktion-aufdenpunkt.de, 0172 8246210

Quelle:

www.lwg.bayern.de/bienen/bildung_beruf/084349/index.php


 

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