Offener Brief anlässlich des Weltbienentag am 20. Mai 2021

Autoren: Ursula Lensing, Diplom-Biologin und Berufsimkerin, Imkerei Honiglandschaften & DBIB

10 Forderungen an Politik und Landwirtschaft zum Schutz der Bienen und zur Besserstellung der Berufsimker*innen

Weltbienentag
Der Weltbienentag (jährlich am 20. Mai) wurde von der UNO ausgerufen, um weltweit auf die große Bedeutung der Bienen als Bestäuber für die Biodiversität und für die Ernährungssicherheit der Menschheit sowie auf den dringenden Schutz der Bienen aufmerksam zu machen.

Statement des DBIB
Immer wieder wird betont, dass die Honigbiene das drittwichtigste Nutztier ist und 70% unserer Nahrungsmittel bei der Erzeugung auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen sind. Gleichzeitig rückte durch die Debatten über die Bienengefährlichkeit von Pestiziden und ein weltweit beobachtetes Bienensterben das Bewusstsein für die Bedeutung der Honigbiene in das öffentliche Interesse. Daher gehört es nicht erst seit dem erfolgreichen Volksbegehren Artenschutz in Bayern zum guten Ton, sich für die Honigbienen einzusetzen: Privatmenschen schaffen sich (leider oft ohne ausreichende Sachkenntnis) ein Bienenvolk an, Firmen stellen sich Patenvölker auf ihre Dächer, und die Bundeslandwirtschaftsministerin verkündete 2018 gar: „Was der Biene schadet, muss vom Markt genommen werden!“.

In der Realität wird jedoch vor allem in der Landwirtschaftspolitik nach wie vor ignoriert, dass die Honigbiene ein Nutztier ist, dessen Bestäubungsleistung unsere Ernährung sichert und das darüber hinaus die Biodiversität fördert. Während alle anderen Landwirt*innen für ihren Beitrag zur Sicherstellung unserer Ernährung eine Grundsicherung bekommen sowie für zusätzlich erbrachte Gemeinwohl- und Ökoleistungen zahlreiche weitere Subventionen erhalten, gehen die Berufsimker*innen leer aus. Imker*innen sind jedoch rechtlich und formal Landwirte und werden in der Regel auch so behandelt, wie z.B. bei der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Sozialkasse

Für die systematische Ungleichbehandlung der Berufsimkerei gegenüber allen anderen Bereichen der Landwirtschaft gibt es keinerlei nachvollziehbaren Gründe. Subventionen werden zwar üblicherweise flächenbezogen gezahlt (also nur wer Agrarland besitzt, bekommt auch Agrarsubventionen), jedoch kann dies allein nicht als Begründung herhalten. Denn für jeden Zweig der Landwirtschaft sind unterschiedliche Mindestflächengrößen festgelegt worden, die zur Unterscheidung von „Privatgarten“ gegenüber „landwirtschaftlicher Betrieb“ dienen. Zudem gibt es z.B. für Wanderschäfer, die ebenfalls über keine oder kaum eigene Flächen verfügen, dennoch Subventionen. Es sollte also möglich sein, auch für Berufsimker*innen entsprechende Lösungen zu finden; woran dies bislang scheitern, bleibt offen.

Die Situation wird sogar noch dadurch pointiert, dass Hobby-Bienenhalter*innen als Anerkennung der Bestäubungsleistung ihrer Bienen z.B. großzügige Steuerbefreiungen zugestanden bekommen und die Hobby-Bienenhaltung auch anderweitig vom Staat gefördert wird. Betreibt man die Imkerei jedoch berufsmäßig (also als landwirtschaftlicher Erwerbsbetrieb mit Betriebsschwerpunkt Imkerei), gibt es keine Förderung mehr. Diese Situation ist so, als dürften Privatmenschen, die in ihrem Garten Obstbäume haben, ihr Obst steuerfrei im Lebensmitteleinzelhandel verkaufen (z.B. als Anerkennung dafür, dass sie mit den Blüten ihrer Obstbäume Nahrung für Bienen bieten), während zeitgleich die Obstbauern nicht nur keine der üblichen Subventionen bekämen (obwohl deren Bäume ja auch ein Blütenangebot schafft), und natürlich trotzdem alle Pflichten (Steuern, Abgaben, Versicherungen…) zahlen müssten.

In Zahlen ausgedrückt ergibt sich folgendes Bild: Für die etwa 130.000 Imker*innen, von denen 98% Hobby-Bienenhalter*innen sind (die aber nicht 98% der Bienenvölker halten!), hat Deutschland im Jahr 2019 rund 3,2 Mio Euro an Förderung ausgegeben; das sind im Schnitt pro Imker*in 24,61€. Der Wert der Bestäubungsleistung wird auf rund 1,7 Mrd. Euro geschätzt, der aus Honig und Wachs erwirtschaftete Ertrag beziffert sich hingegen auf nur etwa 120 Mio. Euro. Das ist also nur ein Tausendstel des Wertes, der durch die Honigbienen erbrachten Bestäubungsleistung (wenn man berücksichtigt, dass auch Wildbienen und andere blütenbesuchende Insekten zur Bestäubungsleistung beitragen). Für die 322.600 Landwirtinnen wurden 2019 hingegeben 6,7 Mrd. Euro ausgegeben, das sind durchschnittlich 20.807,00 € pro Landwirt*in, – nur eben nicht für Berufsimker-Landwirte.

Aufgrund dieser systematischen Ungleichbehandlung und strukturellen Benachteiligung muss die Situation der Berufsimker*innen in Deutschland als prekär bezeichnet werden. Dadurch, dass Berufsimker wirtschaftlich fast vollständig von den Honigerträgen abhängig sind, da die viel wichtigere Bestäubungsleistung bisher komplett unentgeltlich erbracht wird, kann schon ein einziges Jahr mit schlechten Honigerträgen oder ein Schaden durch Pestizid-belasteten Honig den Ruin bedeuten. Und das wohlgemerkt, obwohl die Honigbienen auch in diesen Situationen ihre Bestäubungsleistung erbringen bzw. erbracht haben!

Es gibt also gute Gründe, endlich eine Besser- bzw. Gleichstellung für Berufsimker einzufordern. Denn eines wird offensichtlich übersehen: in Zeiten, in denen wir mit einem massiven Rückgang der natürlichen Insekten konfrontiert sind (s. Krefelder Studie), wird die Bestäubungsleistung durch die Honigbienen immer wichtiger. Es ist schlicht zu einfach, sich darauf zu verlassen, dass diese Leistung auch in Zukunft umsonst zu haben ist und schon irgendwie immer genug Bienen zur Bestäubung vorhanden sind.

Stattdessen plädiert der DBIB dafür, dass sich Landwirte (und die von entsprechenden Lobbygruppen wie der der Agrarchemieindustrie beeinflusste) Politik einerseits und Berufsimker andererseits ab sofort nicht mehr in quasi „feindlichen“ Lagern gegenüberstehen, sondern die jahrtausendealte natürliche Partnerschaft von Imkerei und Pflanzenbau mit dem gemeinsamen Ziel der Erzeugung von guten Nahrungsmitteln wieder erneuert wird.

Der DBIB fordert anlässlich des Weltbienentages zur Besserstellung der Berufsimker*innen

Forderung 1: Zahlung einer Grundsicherung für Berufsimker (und damit Gleichstellung mit allen anderen Zweigen der Landwirtschaft) in Anerkennung ihres Beitrages zur Ernährungssicherheit.

Durch die Bestäubungsleistung der Honigbienen in der Landwirtschaft wird die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte vor allem im Obst-, Gemüse- und Ackerbau häufig nicht nur überhaupt erst möglich, eine ausreichende Bestäubung führt darüber hinaus sogar zu Ertragssteigerungen und höherer Produktqualität. Da Berufsimker selbst keine landwirtschaftlichen Flächen besitzen, an denen die Direktzahlungen für Landwirte zur Grundsicherung üblicherweise gekoppelt sind, sollten Berufsimker angemessene und in der Höhe vergleichbare Direktzahlungen pro Bienenvolk erhalten (ähnlich den Weidetierprämien für Wanderschäfer).

Forderung 2: Zahlung von Subventionen an Berufsimker als Anerkennung für den Beitrag der Honigbienen zur Förderung der natürlichen Biodiversität.

Wie alle anderen Landwirte sollten auch Berufsimker für die über die rein landwirtschaftliche Produktion hinausgehende Öko-Leistungen, die dem Gemeinwohl dienen, angemessen subventioniert werden. Honigbienen fördern mit ihrer Bestäubungsleistung auch abseits der Landwirtschaft die natürliche Biodiversität immer und in allen Naturräumen (und zwar unabhängig davon, ob es Honigerträge gibt).

Forderung 3: Gleichstellung der Berufsimker mit allen anderen Zweigen der Landwirtschaft auch in vielen anderen Bereichen:

Viele weitere, in der Landwirtschaft übliche Fördermaßnahmen und Unterstützungsprogramme sind bisher für Berufsimker nicht zugänglich; gefordert werden z.B.:

  • Zusätzliche adäquate Förderungen für Bio-Berufsimker analog zu den Extra-Zahlungen an Biobauern; denn auch Bio-Imker unterliegen strengen Regeln und Kontrollen, haben einen erhöhten Aufwand und deutliche höhere Kosten als ihre konventionellen Kollegen; die bisher z.B. in Bayern gezahlten 200,-€ Öko-Kontrollzuschuss für Bio-Imker (egal ob Hobby-Bienenhalter oder Berufsimker) sind tatsächlich die einzige, jährlich im Normalbetrieb beantragbare Förderung für Berufsimker in Bayern (kein Witz!!!), – und dass obwohl Bio-Imker allein für die Winterfütterung mindestens das 1,5-fache gegenüber konventionellen Imkern zahlen müssen.
  • Anspruch auf Entschädigungen bei Ertragseinbußen (z.B. aufgrund von ungünstigen Witterungsbedingungen), wie bei anderen Zweigen der Landwirtschaft üblich
  • Schaffung einer Jung-Berufsimkerförderung (analog zur Jungbauernförderung)
  • Honorierung / Kompensation freiwilliger Maßnahmen (ähnlich den KULAP- oder VNP-Maßnahmen) im Sinne eines besseren Tierwohls, etwa bei Verzicht auf die für Bienenvölker stressigen Wanderungen quer durch Deutschland in trachtreiche Regionen (Steigerung des Tierwohls zu Lasten des Honigertrages) oder zur Schonung von Wildbienen, z.B. durch eine geringe Zahl von Bienenvölkern pro Standort (kann ebenfalls zu geringeren Honigerträgen führen).

Forderung 4: Etablierung eigenständiger Investiver Maßnahmen für die Berufsimkerei

Die bisherigen „Investiven Maßnahmen in der Bienenhaltung“ sind in Art und Höhe ganz auf die Hobby-Bienenhaltung ausgerichtet, allein auf die Honig- und Wachsverarbeitung beschränkt und sind insgesamt selbst in der für Erwerbsimker erweiterten Variante für Berufsimker nicht hilfreich (u.a. aufgrund zu geringer beantragbarer Investitionssummen, die nicht der Realität von Berufsimkern entsprechen).

Gefordert wird eine signifikante Anhebung der Förderbeträge, so dass z-B. Schleuderstraßen, wie sie von Berufsimkern eingesetzt werden, förderfähig werden, sowie eine uneingeschränkte Förderung aller Teilbereiche der Imkerei (wie die Königinnenzucht oder die Pollen- und Propolis-Gewinnung). Die jeweiligen Förderprogramme der Bundesländer sollten diesbezüglich dringend vereinheitlicht und miteinander abgestimmt werden.

Forderung 5: Schnellstmögliche und konsequente Abkehr von dem flächendeckenden, systematischen Pestizideinsatz als Standardmaßnahme in der Landwirtschaft (sowie in allen anderen Bereichen, in denen Pestizide momentan noch eingesetzt werden); stattdessen intensive Förderung einer pestizidfreien, möglichst ökologischen und damit Bienen-, Natur- und Lebens-freundlichen Landwirtschaft!

Wir verwenden in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht den in der Landwirtschaft gebräuchlichen Begriff Pflanzenschutzmittel (kurz PSM), sondern den von der Leopoldina (der Nationalen Akadamie der Wissenschaften) verwendeten Begriff Pestizide; denn geschützt werden soll durch Pestizide ausschließlich die jeweilige Ackerkultur. Das Überleben aller anderen Organismen ist dabei bisher nachrangig!

Der Einsatz von Pestiziden ist die größten singulären Bedrohung nicht nur für die Honigbienen und andere blütenbesuchende Insekten, sondern für unsere Böden, die Gewässer, die Luft, aller darin lebenden Organismen, für die Biodiversität, die Artenvielfalt, die Biomasse, schlicht die Ökologie und Natur insgesamt und damit für unsere Lebensgrundlage, – und ist damit mindestens ebenso bedrohlich wie die globale Klimakrise!

Der Umstand, dass aktuell in Deutschland – trotz eines seit 2018 EU-weit geltenden Verbotes – nachweislich bienengefährliche Insektizide (aus der Gruppe der berüchtigten Neonicotionide) per Notfallzulassung wieder eingesetzt werden dürfen, ist vor diesem Hintergrund ein Skandal und nicht akzeptabel!

Schließlich wäre es undenkbar, dass Landwirte klaglos in Kauf nehmen würden, dass z.B. aufgrund von unzureichenden Regulierungen für Tierfutter manche der verwendeten Zusätze (z.B. zur Schimmelpilzvermeidung) enthalten sind, die bei ihren Tieren (also bei Rindern, Schweinen, oder Hühnern) zu lebensbedrohlichen chronischen Krankheiten oder gar zum Tod führen würden. Genau dieser Situation sehen sich aber Imker ausgesetzt!

Landwirte benötigen die Bestäubungsleistung der Honigbienen und sollten diese nicht durch ihre eigentlich gut gemeinte Betriebsweise vernichten! Dabei sollte die Grundannahme gelten: Es gibt keine – und wird es auch niemals geben – Bienen- (oder Natur-)verträgliche Pestizide! Sämtliche Im Einsatz ebfindlichen Pestizide chädigen immer auch Organismen in unseren Ökosystemen, die eigentlich gar nicht getroffen werden sollen (wie z. B. Amphibien oder Vögel). Durch das aktuelle immer noch unzureichende Zulassungsverfahren wird eine vermeintliche Unbedenklichkeit lediglich suggeriert!

Wohl wissend, dass das Thema Pestizideinsatz herausfordernd ist, fordert der DBIB:

  • Entwicklung und Umsetzung einer nationalen und konsequenten Pestizid-Ausstiegstrategie (ähnlich dem Kohleausstieg) mit massiver Förderung und Umsetzung einer pestizidfreien, ökologischen Landwirtschaft; dass nämlich auch ohne Pestizideinsatz gute Erträge und die Ernährungssicherheit möglich sind, beweist die ökologische Landwirtschaft weltweit bereits seit Jahrzehnten! In diese Strategie gehört dementsprechend auch die konsequente Einbindung einer massiv ausgeweiteten Förderung und Etablierung der ökologischen Landwirtschaft.
  • Keine weiteren Notfallzulassungen für bereits verbotene und bienenschädliche Pestizide! Stattdessen sollte mit dem nötigen Geld und Nachdruck nach pestizidfreien, nachhaltigen und ökologisch verträglichen Lösungen gesucht werden.
  • Verschärfte Zulassungsverfahren und Anwendungsbestimmungen für Pestizide unter Berücksichtigung der multidimensionalen und schädlichen Auswirkungen abseits der jeweiligen Zielkultur! Berücksichtigt werden muss hierbei die Tatsache, dass Honigbienen nicht nur Blühkulturen als Nektar- und Pollenquellen nutzen, sondern in Ermangelung anderer Pollenquellen auch viele andere Ackerkulturen (wie z.B. den weithin verfügbaren und eigentlich windbestäubten) Mais) als Pollenquelle nutzen und zu ungewolltem Schadstoffeintrag in Bienenvölker und Bienenprodukte führen können.
  • Begrenzung des erlaubten Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft ausschließlich im Notfall, also bei nachweislich existenziell bedrohlichen und genau definierten, massiven Ertragsausfällen; Ertragsschwankungen und/oder leichte Ertragseinbußen aufgrund eines mäßigen Pestizid-Befalls sind im Sinne einer Schaden-/Nutzen-Abwägung zukünftig zu tolerieren bzw. durch veränderte Anbaumaßnahmen oder alternative Strategien vorbeugend zu minimieren.
  • Sofortiges und vollumfängliches Pestizid-Einsatz-Verbot in allen Bereichen, die nicht ernährungsrelevant sind: also insbesondere bei nicht-ernährungsrelevanten Sonderkulturen wie z.B. im Energiepflanzenanbau, bei Christbaumkulturen, in Baumschulen, im Zierpflanzenanbau und ähnlichem, zudem in Privatgärten, in allen öffentlichen Park- und Grünanlagen sowie dem Straßen-Begleitgrün, in Brachen, Ausgleichs- und „Eh-da“-Flächen, auf Firmengeländen, sowie in der Forstwirtschaft.
  • Implementierung des Verursacherprinzips bei Schäden durch Pestiziden an Bienen oder Bienenprodukten: es kann nicht sein, dass Imker die durch Landwirte verursachten Pestizid-Schäden (z.B. bei Honig oder Pollen) allein tragen müssen; zukünftig sollten ausschließlich diejenigen haften, die die Pestizide ausgebracht haben, und nicht diejenigen, die unter den Folgen des Pestizideinsatzes leiden und den Schaden derzeit allein zu tragen haben (dafür gibt es erschütternde Belege)!

Forderung 6: Gezielte Förderung von nektarproduzierenden Ackerkulturen:

Moderne Sorten im Ackerbau haben allzu häufig leider die Fähigkeit zur natürlichen Nektarsekretion verloren, – unrühmliches Beispiel hierfür sind z.B. die modernen High-Oleic-Sonnenblumen-Sorten (auch im Bio-Anbau). Diese Sorten locken zwar nach wie vor Blütenbestäuber an (und erhalten dadurch die Bestäubungsleistung), bieten aber umgekehrt kaum noch Nektar an, – und betrügen damit die Blütenbesucher um den evolutionär seit Jahrmillionen etablierten Lohn der Bestäubungsleistung. Und während Honigbienenvölker vor hektarweise blühenden Sonnenblumen fast verhungern und auf die Fürsorge der Imker hoffen dürfen, haben Wildbienen und andere blütenbesuchende Insekten in dieser Situation bisher leider komplett das Nachsehen…

Gefordert wird:

  • Aufbau und Etablierung eines Blühkultur-Registers innerhalb der nächsten 5 Jahre, in dem für alle landwirtschaftlich genutzten Sorten (auch im Zwischenfruchtanbau, sowie möglichst auch bei KULAP und VNP-Maßnahmen) die durchschnittliche Nektarproduktion pro Hektar sowie die durchschnittliche Pollenverfügbarkeit erhoben und erfasst wird; dies ermöglicht den Landwirten eine gezielte Auswahl solcher Sorten, die nachgewiesenermaßen möglichst bienenfreundlich sind, und gibt umgekehrt den Imkern die Sicherheit, dass als Belohnung für ihre erbrachte Bestäubungsleistung für sie und ihre Bienenvölker genügend Nektar und Pollen zur Verfügung stehen und ein auskömmliches Miteinander ermöglichen.
  • Einführung von angemessenen Bestäubungsprämien in Kulturen und Situationen, in denen die Honigbienen gezielt zu Bestäubungszwecken genutzt werden, jedoch keinerlei Honigertrag zu erzielen ist.
  • Umgehenden Etablierung der Beibehaltung der Nektarsekretion als neues verpflichtendes Ziel in der Pflanzenzüchtung, blühende Ackerkulturen (s. aktuelle und geförderte Blühkulturstrategie des BMEL) nutzen weder Honig- noch Wildbienen, wenn diese keinen Nektar mehr produzieren! Es ist erstaunlich, wie wenig gesicherte Daten es zur Nektarproduktion von blühenden Kulturen und Sorten gibt, die auf die Bestäubung von Bienen und anderen blütenbesuchenden Insekten angewiesen sind, und dass sogar, obwohl eine gute Bestäubungsleistungen sowohl die Ertragsmenge erhöhen als auch die Qualität verbessern.
  • Gezielte Förderung von nektarproduzierenden Blühkulturen im Obst-, Gemüse und Pflanzenbau, insbesondere dann, wenn dadurch Mindererträge zu erwarten sind, In einer Gesamt-Ökobilanz sollte der Erhalt der Biodiversität in der Landwirtschaft, – also der Bienen (und alle anderen Organismen) -, als gleichwertig zu einem maximal möglichen Ertrag eingestuft werden (also kein Vorrang eines ökonomisch motivierten Pestizideinsatzes vor dem Schutz von Leben!).

Forderung 7: Stopp des unregulierten und nicht kontrollierten Handels und Einsatzes von Wildbienen zu Bestäubungszwecken in der Landwirtschaft – die Erbringung von Bestäubungsdienstleistungen durch (Wild-)Bienen gehört ausschließlich in die Hände speziell qualifizierter Berufsimker!

Honigbienen sind tatsächlich nicht die einzigen landwirtschaftlich genutzten Bienen, denn auch Wildbienen wie Hummelvölker der Dunklen Erdhummel sowie die solitären Mauerbienen werden kommerziell zu Bestäubungszwecken erzeugt, gehandelt und eingesetzt. Wo genau und unter welchen Bedingungen diese Wildbienen erzeugt werden, ist jedoch weitgehend intransparent und deren Einfuhr nach Deutschland nicht reglementiert. Landwirte kaufen und setzen die Wildbiene zu Bestäubungszwecken ein und – nachdem diese ihren Zweck erfüllt haben – werden diese „Pappschachtel-Völker“ von den Landwirten in der Regel entsorgt oder schlicht ihrem Schicksal überlassen, – mit allen negativen Folgen für die heimischen Wildbienen-Populationen (z.B. Einschleppung von Krankheiten, Faunenverfälschung…).

Zum Schutz der heimischen Wildbienen wird gefordert:

  • Implementierung einer staatlich anerkannten Zusatzqualifikation zur Bestäubungsimkerei für Berufsimker, inklusive der Erlaubnis zum Einsatz von Wildbienen zu Bestäubungszwecken in der Landwirtschaft; bei der Etablierung und Durchführung dieser Zusatzqualifikation sollten nicht nur Landwirte und Imker, sondern auch wissenschaftlich anerkannte Wildbienen-Experten beteiligt sein.
  • Verwendung von Wildbienen zu Bestäubungszwecken nur mit einer staatlich anerkannten Qualifikation zur Bestäubungsimkerei: der Einsatz und die Betreuung von Wildbienen im geschützten Anbau (insbesondere von Hummelvölkern) zu Bestäubungszwecken sollte zukünftig nur noch von entsprechend qualifizierten Berufsimkern (und nicht mehr unreguliert durch die jeweiligen Obst- oder Gemüsebauern) erfolgen.
  • Verbot des kommerziellen Einsatzes von Wildbienen im freien Anbau ohne Ausnahmegenehmigung; insbesondere der unregulierte Einsatz von Hummeln und Mauerbienen im Obstanbau sollte aus Gründen des Artenschutzes grundsätzlich untersagt werden; Ausnahmegenehmigungen sollten nur auf Auftrag erteilt werden, und auch nur dann, wenn zertifizierte Bestäubungsimker die genehmigten Maßnahmen betreuen.
  • Sofortige gezielte, nachhaltige und ökologisch verträgliche Förderung heimischer Bestäuberorganismen inklusive der Honigbienne; aufgrund grundsätzlicher Erwägungen sollte der Erhalt und die Etablierung heimischer und lokal angepasster Wildbienen sowie die Einbindung der heimischen Honigbienen für die Bestäubungssicherheit in landwirtschaftlichen Kulturen durch geeignete Strategien – auch finanziell – gefördert werden.
  • Stopp dem unkontrollierten Handel mit Wildbienen! I Wir fordern die Implementierung von kontrollierten Import-Standards, bei denen der Schutz der heimischen Wildbienen-Fauna Priorität hat. Der internationale Handel mit Honigbienen ist international kontrolliert, dies sollte auch mit sofortiger Wirkung für den Handel mit Wildbienen (insbesondere von Hummelvölkern) implementiert werden.

Forderung 8: Einführung eines verpflichtenden, staatlich anerkannten Bienenhalterscheins (ähnlich den Angel- oder Jagdscheinen):  Die Haltung eines Bienenvolkes ist fachlich komplex und zeitlich sehr aufwendig. Die Bienenhaltung ist alles andere als so „einfach“, wie es die „Bienenkistenimkerei“ oder die jüngst medienwirksam propagierte „easyBeeBox“ leider vielen interessierten Menschen suggerieren, die etwas Gutes für die Natur tun möchten. Ihnen allen sei gesagt: Dies stimmt nicht! Eine verantwortungsvolle Bienenhaltung erfordert sehr viel Sachkenntnis und sehr viel Zeit in der Betreuung der Bienenvölker. Zu meinen, es reicht, den Bienenvölkern ein „Zuhause“ zu geben und sie sich anschließend sich selbst zu überlassen, ist keine naturverträgliche Option.

Aufgrund grundsätzlicher Erwägungen hinsichtlich des Tier- und Artenschutzes fordert der DBIB die Einführung eines Sachkundenachweises für alle Bienenhalter in Form eines „Bienenhalterscheins“. Bienenhalter haben eine besonders große ökologische, tier- und artenschutzrechtliche Verantwortung, da die von ihnen gehaltenen Bienenvölker eben nicht nur kontrollierte Nutz- oder Kleintiere sind, sondern aufgrund ihrer nicht kontrollierbaren Flugaktivität gleichzeitig immer Teil der natürlichen Ökosysteme sind und damit u.U. auch zur Verbreitung von Bienenseuchen beitragen – bei benachbarten Honigbienenvölkern wie auch bei Wildbienen. Und mit den in heimischen Garten oder auf Balkonen gehaltenen Honigbienenvölkern kann man eben nicht einfach so zum Tierarzt gehen.

Bienenhalter sind mit ihren Bienenvölkern automatisch Teil der natürlichen Ökosysteme, damit sollten sie – wie die sich in vergleichbaren Situationen befindlichen Angler oder Jäger – zum Nachweis eines staatlich anerkannten Sachkundenachweises zur Bienenhaltung verpflichtet werden! Dies würde nicht nur die bestehende Rechtsgrundlage zur Bienenhaltung verbessern (auch jetzt schon ist eine Meldung ab dem ersten Bienenvolk beim AELF und dem zuständigen Veterinäramt verpflichtend!), sondern auch die Verantwortung der Hobby-Bienenhalter hinsichtlich des Tier-, Arten-, und Seuchenschutz verstärken. Eine gut gemeinte, aber schlecht durchgeführte Hobby-Bienenhaltung gefährdet am Ende nicht nur alle benachbarte Honigbienenvölker, sondern auch alle Wildbienen (die man eigentlich auch schützen will).

Forderung 9: Gleichberechtigte Beteiligung der Berufsimker*innen in alle Strukturen und Entscheidungsprozesse in der Landwirtschaft:

  • Förderungen von KULAP-Flächen nur dann, wenn diese auch für die vielfältigen Bestäuber-organismen einschließlich der Honigbiene verträglich sind. Bisher erfolgt z.B. die Mahd von Kleegrasflächen im Rahmen des KULAP-Programmes (erklärtermaßen zu Förderung von Öko-Leistungen gedacht) ausschließlich nach ackerbaulichen bzw. Biogas-relevanten Kriterien. Dadurch ist es möglich, dass KULAP-Flächen regelmäßig ausgerechnet zum Blütenbeginn des Klees gemäht werden. Blütenbesuchende Insekten und andere Organismen werden auf diesen sogenannten ökologische Vorrangflächen nicht nur durch die Mahd selbst vernichtet, sondern über Wochen ihrer Nahrungsgrundlage entzogen.

Forderung 10: Schaffung von gemeinsamen Aus-, Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen für Landwirt*innen und Berufsimker*innen zur Förderung eines partnerschaftlichen und auskömmlichen Miteinanders (z.B. rund um die Themen Bestäubung, Zwischenfruchtanbau, Mahd, etc.)

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